Im Saarland wohnen fast alle Grenzgänger in Frankreich. Die deutsche Teilregion ist für diese Arbeitnehmer besonders attraktiv, insbesondere die Industrie- und Gesundheitssektoren. 

Im Saarland sind seit 2013 3.500 Grenzgänger aus Frankreich weniger

Die Rückgänge der geringqualifizierten Einpendler sowie die unterschiedlichen Entwicklungen zwischen atypischen und typischen Grenzgängern bzw. deren Differenzen in den Qualifikationsstrukturen lassen sich über den Strukturwandel der saarländischen Wirtschaft erklären. Die von der Montanindustrie stark geprägte Wirtschaftsstruktur an der Saar verändert sich hin zu einer Wissens- und Informationsgesellschaft. Auch die lothringischen Einpendler spüren die Auswirkungen dieses Wandels. So kam es zu Arbeitsplatzverlusten im Bergbau, in der Stahlindustrie, in der metallverarbeitenden Industrie, in der keramischen Industrie etc.[1] In jüngster Zeit ist auch die Automobilindustrie in Mitleidenschaft gezogen worden, und die Meldungen über den Abbau von Arbeitsplätzen und die Schließung von Produktionsstätten reißen nicht ab. Das führte zwischen 2013 und 2023 zu einem Minus der Grenzgängerbeschäftigung im Bergbau und in den Energie- und Wasserindustrien um 19 % (44 Personen; NACE B, D, E) und im verarbeitenden Gewerbe (NACE C) um 33 % bzw. 2.703 Personen.

Obwohl der Trend eher rückgängig läuft, bleibt dennoch das verarbeitende Gewerbe Hauptarbeitgeber für die Einpendler: 2023 arbeitete etwa mehr als 38 % aller grenzüberschreitenden Arbeitskräfte in diesem Wirtschaftsabschnitt (gegen 46 % in 2013) – im Vergleich zu der saarländischen Gesamtbeschäftigung (22,5 %) ist die Bedeutung des verarbeitenden Gewerbes für die Grenzgänger deutlich höher. Es folgen die Branchen „Erbringung von sonstigen wirtschaftlichen Dienstleistungen“ (14,9 %) und „Handel; Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen“ (14,3 %). Dieser Bereich weist damit einen – im Vergleich zur Beschäftigung von Ansässigen – relativ hohen Anteil aus. Dies ist zum einem auf den hier erfassten Bereich der Leiharbeit zurückzuführen, zum anderen auf den Niedriglohnsektor. Hierzu zählt etwa der Reinigungsbereich, in dem viele Franzosen – und vor allem Französinnen – beschäftigt sind.

Betrachtet man die Grenzgänger deutscher und anderer Nationalität getrennt voneinander, ergeben sich für die typischen Grenzgänger die gleichen drei größten Branchen wie für die Grenzgänger insgesamt. Die atypischen Grenzgänger haben ein anders Profil: an erster Stelle steht zwar auch das Verarbeitende Gewerbe (aber nur mit einem Anteil von ca. 30 %) und an zweiter Stelle folgt ‚Handel und Reparatur von Kraftfahrzeugen‘ (16,7 %). An dritter Stelle steht jedoch das Gesundheits- und Sozialwesen mit etwa mehr als 530 Beschäftigten, oder 13,1 %.

[1] Vgl. Regionaldirektion Rheinland-Pfalz-Saarland der Bundesagentur für Arbeit: Weniger Einpendler aus Lothringen ins Saarland – langfristige und kurzfristige Entwicklungen dafür verantwortlich, Presseinformationen 03. Mai 2011, S. 3

 

Französische Grenzgänger profitieren kaum vom Strukturwandel

Der wirtschaftliche Strukturwandel hin zu einer Wissens- und Informationsgesellschaft lässt aber auch neue Beschäftigungsmöglichkeiten entstehen – insbesondere für qualifizierte und hochqualifizierte Arbeitskräfte. Allerdings können die französischen Grenzgänger davon kaum profitieren. Im Wirtschaftsabschnitt ‚Finanz- und Versicherungsdienstleistungen‘ ging die Grenzgängerbeschäftigung zwischen 2013 und 2023 mit einem Minus von 37,7 % oder 154 Personen zurück, Einige Branchen verzeichnen in diesem Zeitraum jedoch positive Entwicklungen: die Branche um ‚freiberufliche, wissenschaftliche und technische Dienstleistungen‘ verzeichnet einen Anstieg an Einpendlern aus Frankreich (+12,7 %, entspricht +53 Personen) vor allem von den typischen Grenzgängern getragen. Dies gilt auch für die Bereiche öffentliche Verwaltung, Verteidigung, Sozialversicherung und die Bildung. In diesen Branchen ist die Zahl der Grenzgänger jedoch gering, und die Mehrheit der französischen Arbeitnehmer sind Leidtragende des Strukturwandels, während die atypischen Grenzgänger weniger Probleme haben. Zurückführen lässt sich dies zum einen auf die unterschiedlichen Bildungssysteme und zum anderen auf die abnehmenden Sprachkompetenzen auf beiden Seiten der Grenze.

Anstiege 2023 sind vor allem auf das verarbeitende Gewerbe zurückzuführen

Der Großteil des Anstiegs der Zahl französischer Grenzgänger zwischen 2022 und 2023 um 230 Personen ist auf die positiven Veränderungen im verarbeitenden Gewerbe (+1,5 % sprich +78 Personen) zurückzuführen. Erwähnenswert sind auch die Bereiche „Freiberufliche, wissenschaftliche und technische Dienstleistungen“ (+46 Personen oder +10,9 %) sowie die „öffentliche Verwaltung, Verteidigung, Sozialversicherung“ (+32 Personen oder +15,2%).

Grenzgänger vor allem in der Automobilbranche und der Leiharbeit beschäftigt

Ein Blick in die detaillierte Statistik zeigt, dass die für grenzüberschreitenden Arbeitskräfte wichtigste Wirtschaftsabteilung mit 11,6 % die „Herstellung von Kraftwagen und Kraftwagenteilen“ bleibt, trotz eines leichten Rückgangs um 1,1 % im Vergleich zum Vorjahr. An zweiter Stelle folgt die „Befristete Überlassung von Arbeitskräften“, 7,8 % aller Grenzgänger sind Leiharbeiter. Es folgen die Bereiche „Einzelhandel“ mit knapp 940 Grenzgänger; dann „Großhandel“ mit ca. 850 Grenzgänger aus Frankreich.

Grenzgänger aus Frankreich im Wirtschaftszweig „Leiharbeit“

Im Saarland beschäftigte Grenzgänger aus Frankreich im Wirtschaftszweig „Leiharbeit“ 2013-2023
Berechnungen: IBA·OIE | Quelle: BA

Industrielle Berufe bleiben Tätigkeitsschwerpunkte französischer Einpendler

Die Betrachtung der grenzüberschreitenden Arbeitskräfte aus Frankreich nach Berufen zeigt, dass die Berufsgruppen „Maschinen- und Fahrzeugtechnik“ und „Metallerzeugung, -bearbeitung, Metallbau“ im Jahr 2023 die Tätigkeitsbereiche mit den höchsten Beschäftigungsanteilen (12,5 % bzw. 13,2 %) bildeten. Auch für die Gesamtbeschäftigung im Saarland sind diese industriellen Berufsgruppen wichtig, die Anteile fallen bezogen auf alle sozialversicherungs-pflichtig Beschäftigten allerdings deutlich geringer aus (jeweils 6,3 und 6,9 %) als auf die Grenzgänger bezogen. Der drittgrößte Beschäftigungsschwerpunkt ist der Bereich „Verkehr und Logistik“ (8,2 %). Diese drei Tätigkeitsfelder weisen übrigens einen unterdurchschnittlichen Anteil an atypischen Grenzgängern aus. Dies gilt nicht für den viertgrößten Beschäftigungsschwerpunkt der Einpendler, „Unternehmensführung, -organisation“. 7,7 % aller Grenzgänger bzw. 1.090 Einpendler arbeiteten in dieser Berufsgruppe, von denen mehr als die Hälfte deutscher Nationalität waren. Weitere wichtige Tätigkeitsfelder für Grenzgänger waren im Jahr 2023 Berufe in den Bereichen „Reinigung“ (6,3 %) und „Verkauf“ (5,3 %). Innerhalb dieser zwei Kategorien weisen aber typische und atypische Grenzgänger sehr unterschiedlichen Anteile auf. Die typischen Grenzgänger stellen nämlich einen deutlichen höheren Anteil im Bereich „Reinigung“ als im „Verkauf“; umgekehrt sind atypische Grenzgänger häufiger im Verkauf und seltener in der Reinigung anzutreffen.

2023: Steigerungen der Grenzgängerzahlen in der Industrie

Zwischen 2022 und 2023 hat die Zahl der Grenzgänger um 230 Personen oder 1,6 % zugenommen. Die größten absoluten Zuwächse sind in der Metallindustrie, Metallverarbeitung und im Stahlbau mit +79 Personen zu verzeichnen. Danach folgen die Bereiche Unternehmensführung und -organisation (+47 Personen) und Verkehr und Logistik, in denen 44 Grenzgänger mehr als 2022 beschäftigt sind. Der stärkste Rückgang ist in den Berufen der Kunststoffherstellung und -verarbeitung sowie der Holzbearbeitung zu verzeichnen (-31 Personen).

Geringfügig Beschäftigte mit französischer Nationalität im Saarland 2013-2023

Geringfügig Beschäftigte (Minijobber) mit französischer Nationalität im Saarland 2013-2023 (jeweils zum 30.06.)
Hinweis: Geringfügig Beschäftigte inklusive der im Nebenjob geringfügig Beschäftigten
Berechnungen: IBA·OIE | Quelle: BA

Minijobverhältnisse von Franzosen mit Arbeitsort Saarland seit 2000

Die Anzahl der Minijobber mit französischer Nationalität im Saarland ist seit 2000 relativ stabil bei rund 2.000 Personen, ist aber eine leichte Erhöhung zwischen 2013 und 2019 mit einem Maximum in 2018 (2.436 Personen). Dabei wird unterschieden zwischen den Minijobbern, die im Saarland arbeiten, aber außerhalb des Saarlandes wohnen, und denen, die auch ihren Wohnsitz im Saarland haben. Die erste Kategorie entsprich dem Konzept der Grenzgänger, ihre Anzahl beträgt 2023 nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit 1.863 Personen. Die zweite Gruppe besteht aus Franzosen, die im Saarland leben, ihre Anzahl liegt bei 245 Personen.

Neben Minijobs gibt es weitere Beschäftigungsverhältnisse, die nicht in der amtlichen Statistik abgebildet werden und über die keine Informationen über die Entwicklung des Grenzgänger-aufkommens von Lothringen ins Saarland vorliegen (Studierende, Praktikanten, Honorarkräfte, ehrenamtlich Tätige, Selbständige, Auszubildende/duale Studierende etc.). Dies sollte bei der Interpretation der Grenzgängerzahlen stets berücksichtigt werden.