Wie in der gesamten EU ist auch in allen Teilregionen der Großregion die Jugendarbeitslosenquote höher als die Gesamtarbeitslosenquote. Das lässt sich teilweise dadurch erklären, dass gerade die Jugendlichen im Vergleich zu anderen Altersgruppen stärker von Krisen betroffen sind, wie etwa der Coronapandemie und deren Folgen für die Wirtschaft. Nach wie vor erleichtert auch ein Schulabschluss den Berufseinstieg und schützt vor Arbeitslosigkeit.[1] Weiterhin laufen bestimmte Gruppen von Jugendlichen aus Gründen, die nichts mit der aktuellen Wirtschaftslage zu tun haben, Gefahr, dauerhaft keinen Zugang zum Arbeitsmarkt zu erhalten. Dies gilt insbesondere für die sogenannten Schulabbrecher, also Personen, die die Schule ohne Abschluss verlassen.[2] Nicht mehr Teil des Arbeitsmarkts zu sein, kann schwerwiegende Folgen für jeden Einzelnen und auch für Wirtschaft und Gesellschaft als Ganzes haben. Ein längerer Ausschluss vom Arbeitsmarkt kann zu finanziellen Schwierigkeiten führen sowie zu psychischen und sozialen Problemen, die langwierig sein können. Daher hat der Kampf gegen Jugendarbeitslosigkeit für die Regierungen der EU-Mitgliedstaaten und für die Europäische Union insgesamt weiterhin oberste Priorität. Es herrscht Einigkeit darüber, dass Maßnahmen zur Eingliederung von Jugendlichen in die Gesellschaft notwendig sind, die über den reinen Einstieg ins Berufsleben hinausgehen und den Jugendlichen dabei helfen, vollwertige und anerkannte Mitglieder der Gesellschaft zu werden, die ihren Beitrag leisten, auch im Berufsleben. Solche Maßnahmen helfen auch dabei, den Jugendlichen den Zugang zum Arbeitsmarkt zu erleichtern.[3]

Weitere Informationen über die Situation der jungen Menschen in der Großregion finden Sie im Schwerpunktthema des WSAGR-Berichts 2023/2024.

 

[1] Ministère de l’éducation nationale et de la jeunesse de France (2024) : Rapport sur l’insertion des jeunes sur le marché du travail.
[2] Batard P.-E., Ferrari N., Saillard E. (2012) : Le chômage des jeunes : quel diagnostic ? Economie et Prévision. https://www.cairn.info/revue-economie-et-prevision-2012-2-page-207.htm (27.06.2024)
[3] Eurofound (2015): Social inclusion of young people, Publications Office of the European Union, Luxembourg.

 

  • Die Differenz zwischen der Jugendarbeitslosenquote und dem Jugendarbeitslosenanteil kommt dadurch zustande, dass nicht alle Jugendlichen zur erwerbsfähigen Bevölkerung zählen. Allerdings geht aus beiden Indikatoren hervor, dass Jugendliche häufiger ohne Job sind als Erwachsene. Ein Erklärungsansatz dafür, dass ausgerechnet bei Jugendlichen ein erhöhtes Risiko dafür besteht, in die Arbeitslosigkeit zu geraten, lautet, dass der Übergang von der Schule oder Ausbildung ins Berufsleben in der Regel im Alter von 15 bis 24 Jahren erfolgt und es an diesem Übergang häufig zu Schwierigkeiten kommt.
  • Dazu sind die ersten Arbeitsverträge von Jugendlichen häufig befristet, was das Risiko dafür erhöht, nach Ende der Vertragslaufzeit arbeitslos zu werden. Tatsächlich ist der Wechsel zwischen Arbeitslosigkeit und kurzen, befristeten Anstellungsverhältnissen für viele Jugendliche unumgänglich. Diese spezielle Phase des Berufslebens kann sich negativ auf den Berufseinstieg auswirken. Jugendliche, die zunächst eine befristete Arbeitsstelle annehmen, anstatt in der Arbeitslosigkeit zu verharren, haben langfristig allerdings bessere Chancen, in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis übernommen zu werden. Andererseits wird es durch mehrere kurzen, befristeten Arbeitsstellen meistens schwieriger, einen festen, dauerhaften Job zu finden. Außerdem ist mit der ersten Arbeitsstelle oft eine „Herabstufung“ verbunden, d.h. die Jugendlichen nehmen häufig Stellen an, für die sie in Anbetracht ihrer Schul- oder Studienabschlüsse überqualifiziert sind. Dieses Phänomen führt kurzfristig dazu, dass Menschen mit weniger hohen Abschlüssen aus dem Arbeitsmarkt gedrängt und Arbeitskräfte nicht besonders effizient eingesetzt werden. [1]
  • Darüber hinaus verfügen Jugendliche noch nicht über viel Berufserfahrung. Im Übrigen können sie auch viele Rechte nicht in Anspruch nehmen, die sich aus der Länge der Betriebszugehörigkeit ergeben, was dazu führt, dass bei Jugendlichen, die Arbeit haben, ein höheres Kündigungsrisiko besteht. Parallel dazu müssen weitere individuelle Faktoren berücksichtigt werden, die allerdings nur sehr schwer messbar sind. [2] Heute wird die psychische Gesundheit als Risikofaktor für arbeitslose Jugendliche wahrgenommen und entsprechende Unterstützungsangebote wurden eingerichtet (vgl. Kapitel 3 und 4 aus dem Schwerpunktthema des WSAGR-Berichts 2023/2024).

[1] Batard P.-E., Ferrari N., Saillard E, Op. cit.
[2] Vgl. Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB): Jugendarbeitslosigkeit in Europa: Aktuelle empirische Befunde. In: Aktuelle Berichte vom 9. August 2013, S. 3ss.

Jugendarbeitslosenquote mehr als doppelt so hoch wie die Gesamtarbeitslosenquote

Die Jugendarbeitslosenquoten sind in allen Teilgebieten der Großregion sowie in der EU wesentlich höher als die Gesamtarbeitslosenquoten. Im Jahr 2023 lag die Jugendarbeitslosenquote in der Großregion (ohne Saarland) bei 13,3 % und damit weit mehr als doppelt so hoch wie die Gesamtarbeitslosenquote (Differenz von 7,9 Prozentpunkten). Auf Ebene der EU-27 fiel die Arbeitslosenquote für Jugendliche (14,5 %) höher aus, ebenso wie der Abstand zur Gesamtarbeitslosigkeit, die dort etwas höher ist (8,5 Pp).

Im großregionalen Vergleich lassen sich erhebliche Unterschiede zwischen den einzelnen Teilregionen hinsichtlich der Arbeitslosigkeit Jugendlicher feststellen: 2023 waren in der Wallonie mehr jeder fünfte der Altersgruppe 15 bis 24 Jahre arbeitslos, in Luxemburg und in Lothringen sind sie 18,7 bzw. 17,5 % dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehende Jugendliche. Dagegen verzeichnete Rheinland-Pfalz mit 5,6 % den geringsten Wert. Ebenfalls unterhalb des großregionalen Durchschnitts bewegten sich die Quoten für die DG Belgien (8,9 %).

Arbeitslosenquote der jungen Menschen 2023

*GR. Region 15-24 Jahre ohne Saarland

Anteil der Arbeitslosen an den Erwerbspersonen der jeweiligen Altersgruppe in %

Berechnungen IBA·OIE | Quellen: Eurostat – LFS; DG Belgien: ADG

Unterschiedliche Bestimmungsgröße von Jugendarbeitslosigkeit innerhalb der Großregion

Es ist zu beachten, dass innerhalb der Großregion unterschiedliche Kriterien für die Bestimmung der Jugendarbeitslosigkeit gelten. Gemäß internationalen Kriterien wird bei der Berechnung der Arbeitslosenquote die Anzahl der Arbeitslosen in einer bestimmten Altersgruppe zur Gesamtzahl der Erwerbspersonen in dieser Altersgruppe ins Verhältnis gesetzt. Gerade bei jungen Menschen und ihrem Einstieg ins Berufsleben gibt es sehr große Unterschiede zwischen den einzelnen Regionen, was sich statistisch gesehen auch in der Berechnung der Arbeitslosenquote niederschlägt.

Tatsächlich spielen die verschiedenen Bildungssysteme bei der Berechnung der Erwerbs- und der Arbeitslosenquote eine wichtige Rolle. Länder wie Frankreich setzen auf eine längere Schullaufbahn, somit stehen dem Arbeitsmarkt weniger Jugendliche zur Verfügung, wodurch die Arbeitslosenquote höher als in Ländern wie Deutschland ist, in denen Jugendliche etwa über die beliebte duale Ausbildung schneller ins Berufsleben einsteigen können. Die festgestellten Unterschiede verringern sich mit fortschreitendem Alter, was den Vergleich aussagekräftiger macht.[1] So weisen etwa die Wallonie und Lothringen eine geringere Erwerbs- und eine höhere Arbeitslosenquote auf als das Saarland und Rheinland-Pfalz.

[1] Coquet B. (2024). Observatoire français des conjonctures économiques (OFCE) : Pourquoi le chômage des jeunes résiste-t-il à des moyens inédits ? https://www.ofce.sciences-po.fr/blog/pourquoi-le-chomage-des-jeunes-resiste-t-il-a-des-moyens-inedits/#_ftnref5 (27.06.2024)

Rückgang der Jugendarbeitslosenquote in der Großregion in den letzten zehn Jahren

Die Entwicklung bei den Arbeitslosenzahlen ist in den einzelnen Teilen der Großregion und in der gesamten Großregion beinahe identisch. Nichtsdestotrotz gibt es Unterschiede zwischen den verschiedenen Bereichen der Großregion. So ist die Arbeitslosenquote in Lothringen und der Wallonie sowohl bei den Jugendlichen (- 9,9 bzw. - 9,8 Punkte) als auch in der Gesamtbevölkerung (‑ 4,7 bzw. - 3,2 Punkte) zwischen 2013 und 2023 am stärksten zurückgegangen. Die anderen Teile der Großregion verzeichnen mit Ausnahme des Saarlandes[1] und Luxemburgs ebenfalls einen stärkeren Rückgang der Jugendarbeitslosenquote als die Großregion insgesamt. Im genannten Zeitraum ist nur in Luxemburg gleichzeitig ein Rückgang der Arbeitslosigkeit in der Gesamtbevölkerung (- 0,7 Punkte) und ein Anstieg der Jugendarbeitslosigkeit (+ 3,4 Punkte) zu verzeichnen. In den letzten vier Jahren konnte zwischen 2019 und 2021 in allen Teilen der Großregion ein Anstieg der Jugendarbeitslosigkeit beobachtet werden, bevor sie 2022 überall zurückging. Zwischen 2022 und 2023 schließlich stieg die Jugendarbeitslosenquote in Luxemburg, Lothringen und der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgien, während sie in Rheinland-Pfalz und der Wallonie zurückging.

[1] Aufgrund der lückenhaften statistischen Daten für das Saarland kann die Entwicklung der Jugendarbeitslosenquote in diesem Teil der Großregion nicht analysiert werden.

Entwicklung der Jugendarbeitslosenquote 2013-2023

*GR. Region: ohne Saarland

Anteil der Arbeitslosen an der Gesamtbevölkerung in der jeweiligen Altersgruppe in %

Berechnungen IBA·OIE | Quellen: Eurostat – LFS; DG Belgien: ADG

Arbeitslosigkeit und Geschlecht: ein differenziertes Bild in der Großregion

Anmerkung: Die Daten von EUROSTAT zur Jugendarbeitslosigkeit nach Geschlecht sind für das Saarland und Rheinland-Pfalz lückenhaft, für die Großregion kann daher kein zuverlässiger oder repräsentativer Wert berechnet werden. Der Zusammenhang zwischen Arbeitslosigkeit und Geschlecht und die diesbezügliche Entwicklung in der Großregion werden in diesem Teil ebenfalls nicht analysiert.

2023 gibt die Großregion in Bezug auf Jugendarbeitslosigkeit und Geschlecht kein einheitliches Bild ab. Beispielsweise ist in Luxemburg und der Deutschsprachigen Gemeinschaft die Arbeitslosenquote bei den Männern niedriger als bei den Frauen - in Luxemburg sogar um 7,4 Prozentpunkte. In der Wallonie ist es genau umgekehrt: Hier sind junge Männer öfter ohne Job als junge Frauen, der Unterschied beträgt 5,4 Punkte. In Lothringen gibt es zwischen den Geschlechtern beinahe keinen Unterschied in Bezug auf Arbeitslosigkeit. Die Frauen haben hier einen Vorteil von lediglich 0,2 Punkten. In Deutschland, Belgien, Frankreich und der EU ist die Verteilung der Männer und Frauen bei den jugendlichen Arbeitssuchenden sehr ähnlich, obwohl sich die Arbeitslosenquoten voneinander unterscheiden. Junge Männer haben hier häufiger keinen Job als junge Frauen.

Außer in Luxemburg sank die Arbeitslosenquote in den letzten zehn Jahren im gleichen Maße sowohl bei den Männern als auch bei den Frauen. In der Wallonie fällt der Rückgang der Arbeitslosigkeit bei den jungen Frauen mit 10,1 Prozentpunkten etwas stärker aus als bei den jungen Männern (- 9,3 Prozentpunkte). In Lothringen ist der Rückgang bei beiden Geschlechtern quasi identisch (- 9,9 Punkte bei den Männern und - 9,8 Punkte bei den Frauen). In der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgien geht die Jugendarbeitslosigkeit bei den Frauen mit 6,5 Punkten deutlich stärker zurück als bei den Männern (- 5,1 Punkte). In Luxemburg geht im Betrachtungszeitraum nur bei den jungen Männern die Arbeitslosigkeit zurück (- 2,6 Prozentpunkte). Bei den Frauen dagegen steigt die Arbeitslosenquote um mehr als 12 Punkte.[1]

 

[1] Hinweis zur Methodik: Laut der luxemburgischen Arbeitsagentur ADEM handelt es sich bei der von EUROSTAT für Luxemburg ermittelten Jugendarbeitslosenquote um einen Schätzwert, der auf Zahlen der Arbeitskräfteerhebung der Europäischen Union (EU-AKE) basiert. Gemäß den Zahlen der Arbeitssuchenden der ADEM für 2013 bis 2023 ist die Zahl der arbeitssuchenden jungen Frauen um 362 Personen oder 38,3 % gesunken, bei den jungen Männern beträgt der Rückgang 34,4 % oder 428 Personen. Zwischen 2022 und 2023 ist die Zahl der Arbeitssuchenden gestiegen, bei den jungen Frauen um 22,7 % und bei den jungen Männern um 18,8 %.

 

* GR. Region: ohne das Saarland

Anteil der Arbeitslosen zwischen 15 und 24 Jahren an den Erwerbspersonen in dieser Altersgruppe (in %)

Berechnungen: IBA·OIE | Quellen: EUROSTAT; DG Belgien: Arbeitsamt der Deutschsprachigen Gemeinschaft