Situation der jungen Menschen auf dem Arbeitsmarkt
Erwerbsquote
Die Erwerbsquote junger Menschen hängt stark von Schul- und Ausbildungssystemen ab
Die Erwerbsquote beschreibt das Verhältnis der Erwerbsbevölkerung (Erwerbstätige und Erwerbslose) zur Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter. Sie gibt also an, wie viele Menschen dem Arbeitsmarkt grundsätzlich zur Verfügung stehen.
Laut der Arbeitskräfteerhebung der Europäischen Union weist die Großregion im Jahr 2023 eine Erwerbsbevölkerung von mehr als 5,4 Millionen Menschen auf. Über eine halbe Million (544.400) sind zwischen 15 und 24 Jahre alt. Die Erwerbsquote beträgt insgesamt 73,3 % und bei den Jugendlichen 42,9 %. Damit liegt die Großregion jeweils etwa 1,7 Prozentpunkte unter dem Durchschnitt der 27 EU-Staaten.
Die Jugenderwerbsquote in der Großregion liegt zwischen 27 % in der Wallonie und 57,5 % in Rheinland-Pfalz. Dazwischen liegen Luxemburg (35,7 %), Lothringen (46,7 %) und das Saarland (50,2 %). Um diesen Unterschieden auf den Grund zu gehen, muss zunächst geklärt werden, wer überhaupt als erwerbstätig gilt. Laut ILO-Definition gelten Personen als erwerbstätig, die mindestens eine Stunde pro Woche einer bezahlten angestellten oder selbstständigen Tätigkeit bzw. Betreuungstätigkeit nachgehen. Ältere Schüler und Studenten, die einen Nebenjob gleich welchen Umfangs ausüben, gelten ebenfalls als erwerbstätig. Ein weiterer Erklärungsansatz sind kulturelle Unterschiede beim Thema Ausbildung: Das duale Ausbildungssystem, in dem die jungen Menschen bereits während der Ausbildung als erwerbstätig gelten, ist in den deutschsprachigen Teilen der Großregion weiterverbreitet als in den französischsprachigen Teilen.
Erwerbsquote 2023
Anteil der Erwerbspersonen an der Bevölkerung in der jeweiligen Altersgruppe (in %)
Berechnungen: IBA·OIE | Quelle: Eurostat – Arbeitskräfteerhebung
Beschäftigungsquote
Große Unterschiede bei den Beschäftigungsquoten in der Großregion
Die Beschäftigungsquote ist ein sehr wichtiger Indikator für Arbeitsmarktanalysen. Sie gibt den Anteil der Beschäftigten (Erwerbstätige) an der Bevölkerung in einer bestimmten Altersgruppe an. In der Großregion liegt die Beschäftigungsquote bei den 20- bis 64-Jährigen bei 73,9 %. Bei den 15- bis 24-Jährigen liegt die Beschäftigungsquote bei 37,5 %. Die Gesamtbeschäftigungsquote liegt unter dem europäischen Durchschnitt, während die Jugendbeschäftigungsquote höher ist als in ganz Europa, wo sie nur 35,2 % beträgt. Bei der Jugendbeschäftigungsquote gibt es keine Zielvorgabe der Europäischen Union. Allerdings hat sie mehrere Instrumente auf den Weg gebracht, mit denen die Integration Jugendlicher in den Arbeitsmarkt erleichtert und damit auch die Jugendarbeitslosigkeit verringert werden soll.
Die Jugendbeschäftigungsquote in der Großregion liegt zwischen 20,8 % in der Wallonie und 54,3 % in Rheinland-Pfalz. Obwohl auch die Wirtschaftslage in den einzelnen Teilen der Großregion die jeweilige Jugenderwerbsquote beeinflusst, kommen die Unterschiede bei den Quoten größtenteils durch verschiedene Bildungs- und Ausbildungssysteme zustande oder dadurch, dass Nebenjobs von Schülern und Studenten in manchen Teilen der Großregion als Erwerbstätigkeit gezählt werden und in anderen nicht. So gibt es beispielsweise in den zu Belgien gehörenden Teilen der Großregion große Unterschiede bei der Jugendbeschäftigungsquote: In der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgien liegt sie etwa mit 31,7 % deutlich höher als in der Wallonie mit 20,8 %. Hier wird deutlich, dass Ausbildungen in Unternehmen in der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgien üblicher sind als in anderen Teilen des Landes. In den deutschen Teilen der Großregion liegt die Jugendbeschäftigungsquote im Saarland trotz eines gleichen oder ähnlichen Systems im Vergleich zum benachbarten Bundesland um sechs Punkte niedriger und ist auch geringer als der bundesdeutsche Durchschnitt, der 2023 bei 50,8 % lag. Mit 38,6 % ist die Jugendbeschäftigungsquote in Lothringen höher als in ganz Frankreich, wo sie 35,2 % beträgt. Dabei ist immer zu bedenken, dass viele junge Menschen im Alter von 15 bis 24 Jahren nicht erwerbstätig sind, weil sie noch zur Schule gehen oder studieren. Nach ihrem Abschluss sind die meisten von ihnen bereit für den Eintritt in den Arbeitsmarkt. Daher ist eine geringe Beschäftigungsquote in dieser Altersgruppe für sich genommen kein Grund zur Sorge. Die Lage der Jugendlichen auf dem Arbeitsmarkt lässt sich mithilfe der Jugendarbeitslosenquote und vor allem der NEET-Quote, also dem Anteil junger Menschen, die nicht zur Schule gehen, nicht arbeiten und weder ein Studium noch eine Ausbildung absolvieren, besser analysieren.
Jugend-Beschäftigungsquote 2023
*DG Belgien: 2022
Anteil der Erwerbstätigen im Alter von 15 bis 24 Jahren an der Bevölkerung dieser Altersgruppe (in %, nach Geschlecht)
Berechnungen: IBA·OIE | Quellen: Eurostat – LFS, DG Belgien: Steunpunt Werk
Höhere Beschäftigungsquote bei jungen Männern als bei jungen Frauen
Betrachtet man die Arbeitsmarktlage der jungen Menschen nach Geschlechtern getrennt, so zeigt sich, dass Männer häufiger erwerbstätig sind als Frauen. Das gilt für alle Teile der Großregion. Insgesamt beträgt der Abstand zwischen Männern und Frauen in der Großregion 3 Punkte. Bei den 15- bis 24-Jährigen ist dieser Unterschied hauptsächlich auf verschiedene Ausbildungswege zurückzuführen: An den Hochschulen und Universitäten der Großregion studieren weit mehr Frauen als Männer. 2022 waren 71,2 % der Studenten Frauen und 56,0 % Männer, der Unterschied betrug insgesamt also mehr als 15 Punkte. Wenn Studenten keinem Nebenjob nachgehen, gelten sie auch nicht als erwerbstätig. Männer machen im Vergleich zu Frauen häufiger eine Ausbildung und können daher früher in den Arbeitsmarkt eintreten. Mit 3 Punkten ist der Unterschied zwischen Frauen und Männern in der Großregion geringer als in den 27 EU-Staaten, wo er 4,3 Punkte beträgt. In der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgien ist der Unterschied zwischen den Geschlechtern mit 10,1 Punkten am größten. Dann folgt das Saarland mit 6,8 Punkten vor Luxemburg und Lothringen mit jeweils 6,1 Punkten. Rheinland-Pfalz und die Wallonie weisen mit 1,6 bzw. 0,6 Punkten den geringsten Unterschied zwischen den Geschlechtern auf.
Pandemie wirkte sich direkt auf die Beschäftigung aus
Langfristige Analysen der Beschäftigungsquote zeigen, dass die Pandemie die Jugendbeschäftigungsquote in der EU beeinflusst hat. So sank die Jugendbeschäftigungsquote im Jahr 2020 in allen Teilen der Großregion mit Ausnahme der Wallonie, wo sie unverändert blieb. In der Großregion lag die Jugendbeschäftigungsquote im Jahr 2020 etwa bei 32,9 % und damit um 1,7 Prozentpunkte niedriger als im Vorjahr. Im Übrigen stieg die Zahl der erwerbstätigen jungen Menschen in den einzelnen Teilen der Großregion unterschiedlich schnell wieder an. In Rheinland-Pfalz, Lothringen, Luxemburg und der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens stieg die Jugendbeschäftigungsquote etwa bereits im Jahr 2021 wieder an, während die Trendwende im Saarland länger dauerte. Dort waren erst 2022 wieder mehr junge Menschen in Arbeit.
In Lothringen unterscheidet sich die Lage 2020 und 2022 deutlich von der Situation im Rest der Großregion: In der französischen Region stieg die Jugendbeschäftigungsquote in den genannten Jahren deutlich an, um 9,3 Prozentpunkte. Der hohe Anstieg ist teilweise auf die Sonderbeihilfe der französischen Regierung für Ausbildungsverträge im ersten Coronajahr zurückzuführen.[1] Seit 2022 bleibt die Jugenderwerbsquote in allen Teilen der Großregion mit Ausnahme der Wallonie und Luxemburgs, wo sie 2023 um 1,2 bzw. 1,5 Prozentpunkte gestiegen ist, weitgehend gleich.
[1] Diese Unterstützung wurde im Januar 2025 verlängert, allerdings mit einigen Änderungen hinsichtlich der Anspruchsvoraussetzungen und der Höhe der gewährten Beträge. Vgl. offizielle Website mit Verwaltungsinformationen für Unternehmen der Französischen Republik: https://entreprendre.service-public.fr/vosdroits/F23556 (06.01.2025)
Entwicklung der Jugend-Beschäftigungsquote seit 2013
*DG Belgien: Steunpunt Werk; 2019 Zeitreihenbruch
Zeitreihenbruch: 2021; Saarland: 2020; Luxembourg: 2015; Rheinland-Pfalz: 2020; Wallonie: 2017
Anteil der Erwerbstätigen im Alter von 15 bis 24 Jahren an der Bevölkerung dieser Altersgruppe (in %)
Berechnungen: IBA·OIE | Quellen: Eurostat – LFS, DG Belgien: Steunpunt Werk
2023 liegen die Beschäftigungsquoten junger Frauen und Männer in der Großregion immer noch über dem Niveau der EU-27
In der Europäischen Union ist die Entwicklung der Beschäftigungsquoten bei jungen Männern und Frauen weitgehend identisch. Im Zeitraum 2013 - 2023 sank die Jugendbeschäftigungsquote bei beiden Geschlechtern im ersten Coronajahr auch in der EU stark, um dann ab dem zweiten Coronajahr wieder deutlich anzusteigen. Seitdem ist die Tendenz bei beiden Geschlechtern wieder steigend.
In Bezug auf die Großregion verlief die Entwicklung dieser beiden Gruppen unterschiedlich: Das begann bereits 2016, als die Beschäftigungsquote bei den jungen Männern im Vergleich zu 2015 um 0,8 Punkte sank, bei den jungen Frauen dagegen um 2 Punkte stieg. Im folgenden Jahr sank die Jugendbeschäftigungsquote bei den Frauen um 1,4 Punkte, während sie bei den Männern um 1 Punkt zunahm. Zwischen 2022 und 2023 schließlich stieg die Quote bei den Frauen, während sie bei den Männern leicht sank. Die mit Abstand auffälligste Entwicklung im Betrachtungszeitraum fand jedoch im Jahr 2020 statt, als die Beschäftigungsquote bei den jungen Männern um 2,4 Punkte zurückging und bei den jungen Frauen um 2,6 Punkte. In der Tat hatte die Pandemie in der ersten Zeit besonders starke Auswirkungen auf die Beschäftigung Jugendlicher. Allerdings befand sich die Jugendbeschäftigungsquote im Jahr 2021 bereits wieder auf Vorkrisenniveau und 2023 lag sie deutlich darüber.
Jugend-Beschäftigungsquote der Großregion im Vergleich zu Europa
*GR. Region: 2020 ohne Saarland
Entwicklung der Beschäftigungsquoten junger Menschen in der Großregion im Vergleich zu Europa zwischen 2013 und 2023, nach Geschlecht, in %
Berechnungen: IBA·OIE | Quellen: Eurostat – LFS