2020 lag die Anzahl der Grenzgänger aus Frankreich in den beiden deutschen Ländern der Großregion bei 18.674 Personen
Zwischen 2019 und 2020 sinkt die Zahl der Grenzgänger aus Frankreich, die in den deutschen Teilregionen der Großregion arbeiten um 1.661 Personen, d.h. -8,2%. Besonders ausgeprägt ist dieser Rückgang im Saarland, das im gleichen Zeitraum 1.469 Grenzgänger verliert, d.h. -9,1%. Dies ist der höchste Rückgang seit Anfang der 2000er Jahre, als der Zustrom von Grenzgängern aus Frankreich rückläufig wurde. Aufgeschlüsselt nach Nationalitäten betrifft dieser Rückgang weniger die atypischen Grenzgänger, d.h. die in Frankreich lebenden Grenzgänger deutscher Nationalität, als die typischen Grenzgänger (-5,0% bzw. -10,6%). Der Rückgang bei den typischen Grenzgängern ist ebenfalls der höchste seit 2002. Betrachtet man schließlich die Altersstruktur der französischen Grenzgänger, die im Saarland arbeiten, so macht die Altersgruppe der 40- bis 64-Jährigen mehr als drei Viertel aller Einpendler aus. Der Trend im Vergleich zum Vorjahr zeigt, dass die Altersklasse 65+ am meisten zunimmt – die Gruppe der 20-29-Jährigen am stärksten abnimmt.
Anders sieht es in Rheinland-Pfalz aus, wo der Rückgang der Zahl der französischen Grenzgänger zwischen 2019 und 2020 deutlich geringer ausfällt als im Saarland. So beträgt der Rückgang der Grenzpendler aus Frankreich in diesem Zeitraum -4,7% (atypische Pendler: - 4,5%; typische Pendler: -4,7%). Keiner dieser Werte übersteigt die Höchstwerte der Vorperioden. Zu beachten ist auch, dass die Ströme zwischen Frankreich und Rheinland-Pfalz nicht in der gleichen Größenordnung liegen wie zwischen Frankreich und dem Saarland. Hier betreffen die Rückgänge zwischen 2019 und 2020 nur 32 Personen für atypische Grenzgänger und 160 Personen für typische Grenzgänger, also insgesamt weniger als 200 Personen. Zum Vergleich: zwischen 2018 und 2019 betrug die Veränderung der Grenzgänger aus Frankreich - 2,3% oder 97 Personen. Auch die Altersstruktur der französischen Grenzgänger, die in Rheinland-Pfalz arbeiten ist geprägt von der Altersgruppe der 40-64-Jährigen, die im Jahr 2020 74,8% der Grenzgänger ausmacht.
Die Struktur des saarländischen Arbeitsmarktes ist gekennzeichnet durch eine über dem Bundesdurchschnitt liegende Beschäftigungsquote im Verarbeitenden Gewerbe (2018: 22,4% im Saarland gegenüber 19,8% in Deutschland). Diese Eigenschaft macht dieses Gebiet empfindlicher für Schwankungen in der externen Nachfrage, und zwar dem Export von Waren und Gütern, der in den ersten Monaten der Gesundheitskrise stark nachgelassen hat. So wird der Transformationsprozess der saarländischen Wirtschaft, der parallel zur Gesundheitskrise („Corona-Pandemie“) stattfindet, durch diese beschleunigt.1
Es ist interessant, die ungewöhnlich hohen Zahlen im Rückgang der Anzahl der Grenzgänger von Frankreich ins Saarland (insbesondere derjenigen ohne deutsche Staatsangehörigkeit) näher zu hinterfragen. Das Phänomen ist nicht neu, aber die erreichten Größenordnungen lassen andere Gründe vermuten. Es ist denkbar, dass ein Teil der Grenzgänger das Rentenalter erreicht hat, aber auch der Einfluss der Gesundheitskrise und der Transformation auf den Strom der Grenzgänger ist von besonderer Bedeutung. In der Tat ist der Rückgang der Zahl der französischen Grenzgänger zwischen 2019 und 2020 besonders in den beiden wichtigsten Arbeitgeberbranchen sichtbar: im Verarbeitenden Gewerbe (-706 Personen, d.h. -10,4%) und in der Erbringung von sonstigen wirtschaftlichen Dienstleistungen, zu denen auch die Zeitarbeitsbranche gehört (-567 Personen, d.h. -22,8%). Im Vergleich zum Zeitraum 2018-2019 betrug der jeweilige Rückgang in diesen beiden Sektoren -319 Personen (-4,5%) und -323 Personen (-11,5%). Beide Branchen waren im März und April 2020 stark von Betriebsschließungen und -einschränkungen betroffen, was sich in den Arbeitslosenzahlen widerspiegelt (+5.510 Arbeitslose bzw. +16,8% im Saarland zwischen 2019 und 2020). Darüber hinaus kommt es 2020 bei einigen saarländischen Industrieunternehmen, die Grenzgänger beschäftigen, zu massiven Restrukturierungen und Produktionsausfällen, wie z.B. bei der Gießerei Gusswerke Saarbrücken, die ihren Produktionsstandort Saarbrücken Ende Juni 2020 mit dem Verlust von rund 1.500 Arbeitsplätzen schließt.2 Ähnlich verhält es sich im Ford-Werk Saarlouis, wo durch den Wegfall eines Fahrzeuges (Ford C-Max) zwischen 2019 und 2020 rund 1.600 Arbeitsplätze wegfallen, darunter ca. 500 befristete Stellen bzw. Zeitarbeitnehmer.3 Auch in der Stahlbranche (Dillinger und Saarstahl) erfolgte bis Ende 2020 eine Personalanpassung von mehr als tausend Mitarbeitern.4 Die Maßnahmen zum Stellenabbau werden insbesondere durch Abfindungsprogramme mit Abfindung und Vorruhestand für ältere Mitarbeiter umgesetzt.
In Rheinland-Pfalz waren im Jahr 2020 mehr als 58% der französischen Grenzgänger im Verarbeitenden Gewerbe beschäftigt. Der Rückgang der Grenzgänger in diesem Bereich zwischen 2019 und 2020 beträgt -5,1% oder 124 Personen - gegenüber einem Verlust von 74 Personen (-3,0%) zwischen 2018 und 2019. Der zweite Sektor mit dem größten Rückgang der Grenzgängerzahlen ist im Gegensatz zum Saarland der Bereich „Handel, Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen“ mit einem Rückgang von 47 Personen oder -10,0%. Obwohl die Arbeitsstruktur nach Sektoren für alle Beschäftigten breiter gefächert ist als im Saarland, sind Grenzgänger aus Frankreich, die in Rheinland-Pfalz arbeiten, vor allem in grenznahen Unternehmen vertreten, insbesondere bei John Deere (100 Grenzgänger), Pallmann (45) und Tadano (187) (ehemals Terex5). Letztere befindet sich seit Anfang Januar 2021 im Insolvenzverfahren und plant den Abbau von 400 Stellen.6